Sondergerichte

Sondergerichte
Sondergerichte,
 
1) Recht: im Gerichtsverfassungsrecht auf Gesetz beruhende Gerichte, die eine auf besondere Sachgebiete beschränkte Zuständigkeit haben (Art. 101 Absatz 2 GG). Von den verfassungsrechtlich verbotenen Ausnahmegerichten unterscheiden sie sich v. a. durch die abstrakt und generell durch Gesetze geregelte Zuständigkeit. Die im GG neben den Zivilgerichten aufgeführten Zweige der Gerichtsbarkeit (Verwaltungs-, Finanz-, Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit) werden heute nicht mehr dem Begriff Sondergerichte zugerechnet. Sondergerichte sind nur noch für Sonderbereiche dieser Zweige zuständig, z. B. für Patentsachen, Berufs- und Standesangelegenheiten.
 
 
sind Sondergerichte Gerichte, die im Deutschen Reich für die politisch unruhige Zeit zwischen 1918 und 1922 vorübergehend geschaffen wurden. Im engeren Sinn wird der Begriff für die im nationalsozialistischen Deutschland durch VO vom 21. 3. 1933 eingerichteten besonderen Gerichtsorgane verwandt, die zuständig für die Aburteilung u. a. der im Heimtückegesetz (Heimtücke) geschaffenen Straftatbestände waren, im Zweiten Weltkrieg darüber hinaus für alle mit dem Kriegszustand zusammenhängenden Delikte. Gegen die Urteile der Sondergerichte konnten keine Rechtsmittel eingelegt werden. Der 1934 geschaffene Volksgerichtshof übernahm die erstinstanzliche Zuständigkeit des Reichsgerichts (u. a. Hochverrats-, Landesverratssachen). Die nationalsozialistische Reichsregierung missbrauchte mit den Sondergerichten die Justizgewalt des Staates als Mittel des politischen Terrors.
 
 2) in der Staatenpraxis diktatorischer Systeme allgemeine Bezeichnung für Spruchkörper außerhalb der verfassten Gerichtsbarkeit, die weder in formeller noch in materieller Hinsicht ein faires Verfahren verbürgen, sondern als Mittel politischer Justiz in Erscheinung treten.
 

Universal-Lexikon. 2012.

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